
Hoodies: Mehr als nur Stoff (Teil 1)
Hoodies: Mehr als nur Stoff (Teil 1)
Die Geschichte des Hoodies – vom Mönchsgewand zur Streetwear-Ikone
Einleitung
Der Hoodie gehört zu den wenigen Kleidungsstücken, die in jeder Gesellschaftsschicht und fast jeder Situation funktionieren. Arbeitskleidung und Luxusmode, Sportbekleidung und politisches Symbol – aber wie konnte ein so schlichtes Teil so viele Bedeutungen aufladen?
Bei Melioras in Leipzig beschäftigen wir uns täglich mit Streetwear und ihrer Geschichte. Ein Hoodie ist eben nie nur ein Hoodie – er trägt Geschichten von mittelalterlichen Mönchen bis zu Silicon Valley-Gründern in sich.
In dieser 7-teiligen Serie „Hoodies: Mehr als nur Stoff" nehmen wir dich mit auf eine Reise:
- Die Geschichte des Hoodies (historischer Abriss + kulturelle Bedeutung, Sport, Hip-Hop, Politik)
- Wann ist Hoodie- Wetter? (Herbs, kalte Tage, Layering unter Jacken)
- Welcher Hoodie passt zu dir? (Größen, Schnitte, Farben, Materialien)
- Hoodie vs Pullover vs Sweatshirt (Vergleich & Kaufberatung)
- Hoodie richtig pflegen (Waschen, Trocknen, Stoffkunde, Lebensdauer erhöhen)
- Style-Guide: Hoodie im Alltag (Gym, Streetwear, Büro-Casual)
- Politische & kulturelle Dimension (Hoodie als Symbol: Hip-Hop, Protest, Antirassismus)
Teil 1 beginnt dort, wo alles anfing – in den nebligen Klöstern des Mittelalters.
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1. Frühe Formen: Kapuzen als Schutz
Kapuzen sind keine Erfindung der Moderne. Schon im Mittelalter trugen Mönche Kutten mit angenähter Kapuze – sie sollte bei Gebeten in der Kälte schützen und symbolisierte gleichzeitig Demut und Abgeschiedenheit.
Auch außerhalb der Klöster war die Kapuze praktisch:
- Bauernmäntel in Europa hatten oft Kapuzen gegen Regen und Wind
- In Asien existierten ähnliche Kleidungsstücke mit Kapuzen
- In verschiedenen Kulturen waren Kapuzen integraler Bestandteil funktionaler Kleidung
Der moderne Hoodie ist also keine Fashion-Erfindung des 20. Jahrhunderts, sondern die Weiterentwicklung einer jahrhundertealten Idee: Kopf und Nacken effektiv zu schützen.
👉 Was heute als Streetwear gilt, hat seine Wurzeln in rein funktionaler Kleidung vergangener Jahrhunderte.
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2. Die Geburt des modernen Hoodies: 1930er Jahre
Die moderne Form des Hoodies entstand in den frühen 1930er-Jahren in den USA. Die Sportbekleidungsfirma Champion Products entwickelte ein Sweatshirt mit angenähter Kapuze – ursprünglich für Arbeiter in kalten Fabriken und Lagerhallen.
Champion wollte eine praktische Lösung: warm, robust und flexibel. Die ersten Hoodies waren reine Arbeitskleidung, unspektakulär aber effektiv.
Der Sprung zum Sport Kurz darauf entdeckten College-Sportteams die Vorteile. Champion belieferte unter anderem die University of Michigan mit Hoodies für ihre Athleten. Das Kleidungsstück wurde zum idealen Trainingsstück: perfekt vor und nach Spielen, um den Körper warmzuhalten.
Damit war der Hoodie offiziell in der Sportwelt angekommen – Jahrzehnte bevor er ein Fashion-Statement wurde.
👉 Von Anfang an stand der Hoodie für Praktikabilität und Funktionalität, nicht für Style.
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3. Die Kängurutasche: Ein Detail mit großer Wirkung
Die berühmte Kängurutasche kam nicht sofort. Erst in den 1940er- bis 1950er-Jahren ergänzten Hersteller das Design um die durchgehende Fronttasche. Ursprünglich war sie rein praktisch gedacht: Hände wärmen, Schlüssel oder Kleinigkeiten verstauen.
Doch die Kängurutasche entwickelte schnell soziale Wirkung:
- Jugendliche konnten die Hände darin vergraben – ein Look, der mit Coolness assoziiert wurde
- Die Kombination "Hände in der Tasche, Kapuze hoch" wurde zur ikonischen Geste urbaner Jugendkultur
- Sie veränderte die Körperhaltung und damit die gesamte Ausstrahlung des Kleidungsstücks
Die Kängurutasche machte aus einem funktionalen Kleidungsstück ein Kommunikationsmittel.
👉 Ohne die Kängurutasche wäre der Hoodie heute wahrscheinlich nur ein Pullover mit Kapuze geblieben.
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4. Vom Sport zur Popkultur: 1970er bis 1990er Jahre
1970er: Hip-Hop & die Straße
In den 1970ern entstand in New York City die Hip-Hop-Kultur – und mit ihr bekam der Hoodie eine völlig neue Bedeutung. Graffiti-Artists nutzten ihn als praktische Tarnung: Kapuze hoch, unerkannt bleiben. Breakdancer und Rapper machten ihn zur Uniform ihrer Szene.
Der Hoodie stand plötzlich für Identität, Zugehörigkeit und urbane Kultur – weit entfernt von seinen ursprünglich funktionalen Wurzeln.
1976: Rocky macht den Hoodie weltberühmt
Der Film „Rocky" zeigte Sylvester Stallone in einem grauen Hoodie, joggend durch Philadelphia. Diese Trainingsszenen wurden legendär und machten den Hoodie zu einem weltweiten Symbol für Durchhaltevermögen und den amerikanischen Traum.
1980er & 1990er: Globale Verbreitung
Skateboarder in Kalifornien übernahmen den Hoodie als praktische Uniform. Hip-Hop verbreitete sich weltweit – mit dem Hoodie als Standardpiece. Sportmarken wie Nike und Adidas, später auch Streetwear-Labels wie Supreme, machten ihn zum Massenphänomen.
👉 In diesen zwei Jahrzehnten entwickelte sich aus funktionaler Arbeitskleidung ein globales Kultursymbol.
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5. Deutschland & die DDR: Zwei verschiedene Geschichten
BRD: Filme, Sport und Musik
In der westdeutschen Jugendkultur kamen Hoodies in den 1970er und 1980er Jahren über US-Filme, Sportmode und Musikvideos an. MTV und Hollywood brachten die amerikanische Jugendkultur direkt in deutsche Wohnzimmer. Der Hoodie wurde Teil der Popkultur: Hip-Hop und Skateboarding verbreiteten sich auch hier.
DDR: Kapuzenpullover ohne Streetwear-Kultur
In der DDR gab es funktionale Kapuzenpullover und Anoraks, meist für Kinder oder den Sport. Die Materialien waren oft Kunstfasern oder Frottee, die Designs rein praktisch orientiert.
Was fehlte, war der Lifestyle-Faktor: Der Hoodie als Symbol für Rebellion oder Jugendkultur existierte im Osten nicht – Mode war staatlich reglementiert, Individualismus nicht erwünscht.
Nach der Wende: Kulturelle Vereinigung
Ab den 1990ern schwappte die westliche Jugendkultur nach Ostdeutschland. Hoodies wurden auch dort zum Must-Have – vor allem durch Hip-Hop, Graffiti-Kultur und Skateboarding.
👉 Der Hoodie vereinte nach 1989, was die Politik jahrzehntelang getrennt hatte – eine gemeinsame Jugendkultur.
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6. Der Hoodie im 21. Jahrhundert: Mainstream & Symbol
Heute ist der Hoodie allgegenwärtig und hat verschiedene Rollen:
Streetwear & High Fashion: Supreme, Off-White, Balenciaga und Gucci haben den Hoodie zum Luxuspiece gemacht. Was mal Arbeitskleidung war, kostet heute teilweise vierstellige Beträge.
Tech-Kultur: Mark Zuckerberg machte den Hoodie zum Symbol des Silicon Valley – lässig statt Anzug, Funktionalität statt Förmlichkeit.
Politische Bedeutung: Nach dem Tod von Trayvon Martin (2012) wurde der Hoodie in den USA zum Symbol gegen Rassismus und Polizeigewalt. Ein Kleidungsstück bekam gesellschaftliche und politische Relevanz.
Der Hoodie ist heute mehr als Mode – er funktioniert als gesellschaftliches Statement, Luxusobjekt und Alltagskleidung gleichzeitig.
👉 Von funktionaler Arbeitskleidung zu einem der vielseitigsten Kleidungsstücke der Welt – in weniger als 100 Jahren.
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Fazit: Vom Kloster zur Kultur
- Der Hoodie hat einen bemerkenswerten Weg zurückgelegt:
- Aus Mönchskutten wurden praktische Arbeiterpullis
- Aus Arbeitskleidung wurde ein Symbol der Jugendkultur
- Aus Streetwear wurde Luxusmode
- Aus Mode wurde ein politisches Statement
Der Hoodie ist eines der wenigen Kleidungsstücke, die praktisch, stilprägend und gesellschaftlich relevant zugleich sind. Bei Melioras verstehen wir: Ein Hoodie trägt immer Geschichten in sich – von seinen historischen Wurzeln bis zur individuellen Bedeutung für den Träger.
👉 Next up: Teil 2 unserer Serie beantwortet die wichtigste aller Fragen: Wann ist eigentlich perfektes Hoodie-Wetter? Und warum ist gerade der Herbst seine Hochsaison?
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FAQ: Die Hoodie-History
Wann wurde der erste Hoodie genäht? Frühe 1930er bei Champion – für frierende Arbeiter, nicht für Fashion.
Wer erfand die Kängurutasche? Unknown Hero in den 1940ern. Verdient definitiv mehr Credit.
Gab es Hoodies in der DDR? Kapuzenpullover ja, Hoodie-Kultur nein. Der Staat hatte andere Pläne für seine Jugend.
Wann wurde der Hoodie zum Symbol? 1970er Hip-Hop-Szene New York. Der Rest ist Geschichte.
Warum sind wir alle so hoodie-obsessed? Weil er comfort, style und statement gleichzeitig ist. Plus: die ganzen Geschichten, die du jetzt kennst.